Chapa fahre ich viel. Oft muss ich von der Arbeit allein nachhause, weil meine Gastmutter Achia länger bleibt oder weil ich noch etwas in der Stadt zu erledigen habe. Dann nehme ich ein Chapa.
Hier in Mosambik ist das Chapa das wichtigste öffentliche Verkehrsmittel. Ein Chapa ist ein Sammeltaxi. Der Ausdruck „Taxi“ trifft es vielleicht nicht so sehr. Besser passt die Übersetzung. „Chapa“ bedeutet nämlich „Blech“ und eigentlich sind es auch nur Blechstücke mit vier Rädern. Chapas sind alte VW-Busse (Für Camp-Kenner: Wie der Campbus, aber noch viel kaputter), die ihrem Name alle Ehre machen. Natürlich variiert die Qualität von automatik Hightechchapa mit Dolby Surround System zu Schaltchapas, die zum Starten angeschoben werden müssen. Manchmal sind die hinteren Fenster nicht mehr vorhanden und deshalb mit Klebeband zugeklebt. Die Windschutzscheibe ist sehr oft hier (nicht nur bei Chapas) von Schlaglöchern geprägt und von Rissen durchzogen, die hier anscheinend niemand für gefährlich hält.
Hinter dem Fahrer- und Beifahrersitz (die oft auch als drei Plätze verwendet werden) gibt es eine provisorische Sitzreihe, bei der man mit dem Rücken in Fahrtrichtung sitzt, die aber nicht immer benutzt wird. Dieser „gegenüber“ (man sitzt Knie auf Lücke mit dem Gegenüber) ist die zweite richtige Sitzreihe des Busses, die aus drei Sitzen mit Lehne besteht. Diese sind direkt nebeneinander, sodass die Reihe immer mit vier Personen gefüllt wird. Auch die zwei weiteren Reihen hinter dieser (beide in Fahrtrichtung) bieten jeweils vier Personen einen Platz. In manchen Chapas gibt es dahinter noch eine Sitzreihe. Diese Chapas sind etwas größer und auch höher, sodass man darin sogar stehen kann. Das heißt, wenn ein Chapa wirklich voll ist, können in ihr 23 Personen sitzen (die Kinder und Babies, die auf dem Schoß sitzen nicht mit eingerechnet). Außerdem kommt noch der Coprador hinzu, der dann während der Fahrt über einige Reihen gelehnt steht (fast auf dem Schoß der Leuten liegt). Seine Aufgabe ist das Öffnen der Schiebetür und das Organisieren von Ein- und Ausstieg. Durch ein Klopfzeichen informiert er den Fahrer, dass jemand raus möchte. Er ist dessen Kumpane und sammelt außerdem während, oder nach der Fahrt das Geld ein.
Eine normale Chapafahrt kostet fünf Meticals (ca 10 Cent), sodass es sich viele Leute leisten können.
Einmal kam ich in die Situation, wo man von mir zehn Meticals verlangte, weil ich weiss bin, es aber nicht klappte, weil es alle anderen im Chapa, wie auch ich, lächerlich fanden. Oft versuchen die Menschen hier einem alles teurer anzudrehen oder sagen gleich von Anfang an den vierfachen Preis von dem, was sie den Einheimischen sagen würden, um trotz Handeln noch mehr zu bekommen. Man fühlt sich dann gut, weil man denkt, man habe erfolgreich gehandelt, aber hat immer noch viel mehr bezahlt. Andererseits ist es auch gut so, denn dann ist man selbst froh und die Händler freuen sich um so mehr.
Es gibt Chapastrecken, die von verschiedenen Chapas abgefahren werden. Hier in Chimoio gibt es beispielsweise nur ca drei oder vier verschiedene, die nach einer Runde durch die Stadt nach außerhalb in unterschiedliche Richtungen fahren und sich an einigen Stellen kreuzen. So kann ich mit einem Chapa von mir zuhause in die Stadt fahren, wo ich umsteigen muss, um zur Arbeit zu kommen. Von den Strecken her kann man sich es wie ein kleines Busnetz vorstellen, der einzige, aber gravierende Unterschied ist, dass es keine Haltestellen gibt. Es gibt zwar Anfangs- und Endstellen, dazwischen jedoch keine festgelegten Orte. So muss man ein Chapa wie ein Taxi anhalten (Ähnlichkeit!! =)) und wenn man aussteigen möchte „Paragem“ (Anhalten) oder „Saida“ (Aussteigen) rufen.
Da die Chapas wie schon gesagt fast immer voll sind, dauern die Fahrten meistens eine Weile, da jeder woanders aussteigen möchte. Wenn jemand raus will und es aber noch hundert Meter bis zu seinem Wunschziel sind, fährt er dieses Stück natürlich auch noch weiter, anstatt mit zwei anderen das Chapa früher zu verlassen.
Auch das Ein- und Aussteigen ist nicht gerade einfach. Von den zwei mittleren Reihen lässt sich der Sitz auf der Türseite nach vorne und zur Seite klappen, um den Weg zur letzten Reihe zu ermöglichen. Da jedoch meist alle Plätze besetzt sind, müssen die Personen, die auf den klappbaren Sitzen sitzen, aufstehen und aussteigen oder sich zu den anderen in Reihe quetschen, um Aussteigende der letzten Reihe durchzulassen. Wenn dann Plätze frei geworden sind, werden diese durch weiter vorne Sitzende aufgefüllt, sodass das Chapa immer gut und gleichmäßig gefüllt ist.
Beim Aus- und Einsteigen ist es manchmal ganz unkompliziert, wenn jemand von vorne aussteigt oder direkt an der Tür sitzt. Meistens aber ist es ein reines „Übereinandersteigen, Aneinandervorbeiquetschen, Stuhlgeklappe und umherreichen von Taschen, Tüten, Tieren oder auch Kindern, die natürlich auch im Chapa mit dabei sind. Kinder, die auf dem Schoß sitzen, müssen übrigens nichts bezahlen.
Eine Chapafahrt ist ein sehr interessantes, manchmal unglaublich komisches, und auch ab und ein zu nervtötendes und zu lautes Erlebnis.
Meistens läuft sehr lautes Radio oder irgendwelche Techno- oder Housemixe. Dazu kommt Hühnergackern, Telefonieren, Kinderweinen und ständiges Hupen. Deshalb ist es nicht sehr zu empfehlen, mit Kopfschmerzen oder lärmempfindlich, Chapa zu fahren.
Man sitzt Hüfte an Hüfte und Arm an Arm nebeneinander gequetscht und es gibt keine Klimaanlage (vielleicht gibt es sie, aber gebraucht wird sie nicht, die Fenster sind ja offen und es spart Benzin; außerdem wird die Tür sehr oft geöffnet).
Auch der Geruch sollte nicht unerwähnt bleiben. Wie ihr schon wisst, sind oft Tiere und Lebensmittel dabei, außerdem sitzen rund zwanzig Personen auf engstem Raum bei Hitze und Staub beieinander. So kann man sich den Geruch vielleicht annähernd vorstellen. Obwohl ich sagen muss, dass er nicht immer unangenehm ist.
Da einige Straßen (vor allem in der Regenzeit durch den Regen) sehr schlecht sind und die Chapas nicht so gut gefedert, ist es oft auch noch eine holprige Angelegenheit.
Hier eine beispielhafte Chapafahrt:
Als ich letztens am Samstag nach Manica fuhr:
Ich fuhr erst mit einem normalen Stadtchapa zum Busbahnhof (der einzige), wo auch Chapas nach Maputo, Nampula oder Beira losfahren. Dort fragte ich nach Manica und wurde gleich in zwei verschiedene Richtungen gelockt. Da ich aber schon einigermaßen weiß, wo die Chapas nach Manica starten, fand ich schnell eins. Das Chapa war noch nicht sehr voll und so konnte ich bis in die letzte Reihe „klettern“- kurze Zwischeninfo:
Chapas fahren bei „Langstreckenfahrten“ (Manica-Chimoio 66km) erst los, wenn alle Plätze besetzt sind, d.h. manchmal muss man lange warten.
Manchmal ist man der Letzte, der einsteigt, und dann kann es losgehen.
So war ich aber eine der Ersten und es hieß warten. In dieser Zeit wurden mir durch die Fenster und den Kofferraum unterschiedlichste Dinge zum Verkauf angeboten. Verkäufer, die Wasser, Refreshcos, Obst, Kekse und sonstigen Kram verkauften, drängten sich um das Chapa und priesen ihre Ware an. Irgendwann war das Warten dann zuende, der letzte Gast stieg ein, Kofferraum und Türen wurden geschlossen und es ging los. Das Chapa fuhr durch die Stadt und dann auf die große Straße nach Manica, die auch weiter nach Zimbabwe führt. Die Straße ist stellenweise in sehr gutem Zustand, sodass man bis zu 100km/h fahren kann, an manchen Stellen jedoch muss man bis auf 20km/h runterbremsen, da es riesige Schlaglöcher gibt.
Diese muss man in vielen Fällen umfahren, indem man die Straßenseite wechselt, was aber nur möglich ist, wenn einem niemand entgegen kommt.
Also holpert man sich zu seinem Ziel und kann auch sehr gut dabei schlafen. Die meisten Mosambikaner schlafen bei längeren Chapafahrten nach spätestens einer halben Stunde und so sieht man oft ganz lustige Situationen von eingeschlafenen Personen. Wenn beispielsweise das Geld eingesammelt wird wachen alle kurz auf und schauen den Coprador sehr verschlafen an, wenn sie das Geld bezahlen. Außer Schlafen kann man natürlich noch die schöne Landschaft, die an einem vorbeizieht betrachten und seinen Gedanken nachgehen.
Nach etwa einer Stunde und fünfzehn Minuten komme ich in Manica auf dem zentralen Marktplatz an, von dem ich ein andermal berichten werde. Ich hoffe, ich konnte euch einigermaßen ein Bild vom Chapaverkehr hier in Mosambik machen.
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